Der weite Ozean

"Ich habe lediglich versucht logisch zu schlussfolgern und das scheint mir ja auch gelungen zu sein.", schmunzelte der Lordkanzler und wirkte fast ein wenig verlegen. Vielleicht gab es ja doch Hoffnung für ihn.

"Zumindest hab ich es noch nie ernsthaft versucht.", gestand sich der Lordkanzler ein und rieb sich verlegen den Hinterkopf.

Neugierig sah er dann zu wie Vanessa das Feuer verschwinden ließ und das Irrlicht heraufbeschwor. Er hatte zwar Geschichten über Irrlichter gehört aber niemals hätte er vermutet, dass diese Kreaturen erschaffen werden konnten. Die Geschichten, die er über Irrlichter kannte, waren jene, in denen diese Kreaturen unschuldige Menschen in den Sumpf lockten. Wie sehr man sich manchmal eben irren konnte.

Noch interessanter fand er, dass man dem magischen Wesen tatsächlich etwas beibringen konnte. Das konnte sicherlich sehr nützlich sein in gewissen Situationen. Als Vanessa dann dem Irrlicht befahl den attraktivsten Mann zu finden, blieb das Irrlicht schließlich bei ihm stehen. Etwas verwundert blickte er dann zu dem kleinen Wesen und sah dann leicht lächelnd zu Vanessa: "Ich glaube das Ding irrt sich."

Dann verlagerte er das Gewicht von einem Bein auf das andere und lächelte etwas provokativ: "Flirtet ihr mit all euren Schülern? Wenn ja, müssen diese wohl höchst begabt sein."

"Regel Nummer zwei: Ein Irrlicht irrt sich niemals. Auch wenn der Name es vermuten ließe.", kicherte Vanessa auf Charles Kommentar, das Irrlicht hätte den falschen Herren ausgewählt: "Es findet immer exakt das was es willl..."

Als Charles schließlich das Wort flirten in den Mund nahm, lächelte ihm auch die Blondine ziemlich verspielt zu, während sie ihn korrigierte: "Fast: Ich flirte nur mit den fähigsten."

Nach einer kurzen Pause, in welcher die Lich ihr Gegenüber nun musterte, lockte sie das Irrlicht mit ihren Finger wieder heran und somit wieder in ihre Handfläche. Mit der anderen Pfote zauberte sie wieder Kerzenlicht herbei, welches wie gewohnt dort verharrte und flackerte, während das Irrlicht nun in der anderen aufwartete. Ihr Kinn streckend blickte Vanessa dann wieder zu Charles und fragte: "Da ihr meine erste Frage richtig beantwortet habt dürft ihr Wählen: Soll ich Euch das Kerzenlicht, oder das Irrlicht lehren? Ihr habt die Wahl."

Ihre beiden Hände mit den Zaubern nach vorne haltend präsentierte die Nekromantin daraufhin nochmals ihr Angebot. Die Lich schien gespannt darauf für welchen der Zauber sich Norrington entscheid, würde das doch einiges über seinen Charakter offenbaren.

Nur mit den äußerst fähigen? Na da war er mal gespannt, ob er letzten Endes wirklich fähig war zu zaubern. Aber wenn sie sagte, das Irrlicht irrt sich nie, musste wohl was Wahres dran sein. "Dann fühl ich mich fürs Erste geehrt.", lachte Charles leicht.

Nachdenklich blickte der Lordkanzler auf die beiden Zauber, die ihm präsentiert wurden. Welchen der beiden zauber sollte er wählen? Beide schienen ihm durchaus nützlich, doch das Irrlicht schien für ihn interessanter zu sein.

"Nun wenn wir ihr mich so fragt, dann wähle ich das Irrlicht.", antwortete Charles entschlossen und traf somit seine Wahl.

Ihren Kopf sachte neigend vernahm die Lich schließlich wie sich Charles für das Irrlicht entschied. Damit hatte Vanessa gerechnet, da es viel besser zum Kanzler zu passen schien. Den Elementarzauber in ihrer rechten Hand auspustend wie eine Kerze, entfernte die Magierin schließlich diesen, bevor sie wieder das Irrlicht zwischen beide Hände nahm.

"Einverstanden. Aber seid Euch bewusst, dass das Irrlicht um einiges Schwerer ist. Ich bin mir aber sicher das Ihr das hinbekommt.", lächelte Vanessa erwartungsvoll bevor sie kurz stoppte und das Irrlicht zwischen ihren Finger beobachtete. Nach einem Augenblick der Stille sah die Blondine wieder auf und begann daraufhin zu erklären.

"Das Irrlicht ist ein Beschwörungszauber. Fast ein wenig so, als würdet Ihr einen Dämon aus dem Reich der Qual oder einen Kobold beschwören, nur mit dem Unterschied das Euch das Irrlicht weder bestiehlt noch versucht umzubringen.
Für Beschwörungszauber sind zumeist drei Dinge wichtig: Die Vorstellungskraft, exakt das zu rufen, was Ihr wollt - die Worte des zu beschwörenden Wesens, also seine Formel und zuletzt ein Verständnis des Weges, den das Wesen nehmen muss, um zu Euch zu kommen. Ich helfe Euch das alles zu verstehen und zu meistern, jedoch braucht das Irrlicht noch eine vierte, für sich ganz spezielle Sache, damit Ihr es herbeizaubern könnt.
Wer ein Irrlicht heraufbeschwören will, sucht in der Regel etwas. Sei es der Weg nach Hause, ein verlorengeglaubtes Familienerbstück, einen Freund oder einfach nur seine verfluchten Haustürschlüssel."

Mit dem ende ihrer Erklärung schmunzelte Vanessa kurz, bevor sie Charles nun in die Augen sah und fragte: "Bevor wir anfangen, müsst Ihr euch im Klaren sein, was Ihr sucht. Was ist es, das der Lordkanzler von Götterfels sucht?"

Charles lauschte ruhig, wie Vanessa die Bedingungen nannte die nötig waren, um ein Irrlicht zu beschwören. Die Tatsache, dass sie ihm scheinbar zutraute den Zauber zu meistern freute den Politiker dann doch sehr, wenngleich er sich das nicht so anmerken ließ.

Die Vorstellungskraft und die Formel würden von den drei Sachen wohl am leichtesten sein, doch die Frage was er suchte war nicht so leicht zu beantworten. Seit dem Tod seiner Familie hatte er sich nicht mehr mit sich befasst und war eigentlich immer vor sich selbst davon gelaufen. Also was suchte er?

"Ich weiß was ich suche. Ich suche nach einer Möglichkeit die ganze Sache mit dem Weisen Mantel zu beenden. Das heißt eigentlich müsste das Irrlicht mir dann jemanden oder etwas zeigen, womit das dann funktioniert habe ich recht?", erwiderte Charles schließlich nach langem überlegen.

Die ganze Situation tat Kryta alles andere als gut. Und er war schon immer ein Mann gewesen, dem das Volk sehr am Herzen lag. Vielleicht würde er damit ja auch endlich dadurch Frieden mit sich schließen.


"Ist das überhaupt möglich?", fragte Charles nach einer kurzen Pause und sah Vanessa ernst an. Hatte er vielleicht zu hohe Ansprüche an den Zauber?

Nachdenklich ihre Augen verengend blickte Vanessa zu Charles und schien kurz darüber zu sinnieren was jetzt die beste Antwort war, bevor sie schließlich zu erklären begann.

"Ich bin mir sicher, dass das Irrlicht auch so etwas könnte jedoch.... wäre es wohl besser wenn wir mit etwas einfacheren Anfangen, findet Ihr nicht?", entging es der Lich nachdenklich: "... wir können aber auch das Versuchen. Der innigste Wunsch ist für gewöhnlich der Beste und Stärkste, weshalb es das Beste ist mit ihm anzufangen. Es liegt bei Euch. Wenn es das ist, was Ihr finden wollt..."

Die Nekromantin konnte sich denken was, oder besser gesagt, wen das Irrlicht dann 'finden' würde, sollte Charles den Zauber auf dieses Ziel ansetzten. Ob ihr das Ergebnis davon gefiel, wusste sie jedoch noch nicht.

"Das ist es, was ich finden will, aber... vielleicht habt ihr recht. Es wäre sicherlich besser wenn wir mit etwas leichterem anfangen.", erwiderte Charles und kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf.

Dann würde er es wohl mit einem kleinen Gegenstand versuchen. "Dann möchte ich, dass das Irrlicht meine Unterlagen findet die ich für Campbell dabei habe.", sprach der Lordkanzler schließlich und nickte dabei.

Er wusste zwar, wo sich die Dokumente befanden dennoch war dies sicherlich ein kleinerer und besserer Anfang als das was er sich zu Anfang ausgedacht hatte. Dann beschlich ihn ein Gedanke, konnte dieses Irrlicht den Mörder seiner zeigen? Wenn er den Zauber meistern sollte, würde er den Zauber auf jeden Fall dafür verwenden.

"Gut, das klingt schon etwas realistischer.", lächelte Vanessa nachdem sich Charles umentschieden hatte und sie dem Lordkanzler durch einen Handzeig dazu aufforderte ihr zu folgen: "Dann lasst uns in die Kajüte gehen. Dort sind wir ungestört, für den.... 'Unterricht'."

Angekommen im Zimmer des Kapitäns, wo Charles und Vanessa nun allein waren, wandte sich die Lich dem Lordkanzler zu und fragte: "Ich nehme an, ihr wisst, wo sich Eure Dokumente befinden?", woraufhin der Politiker nickte. Auffordern hielt die Lich daraufhin die Hand auf und sagt: "Dann gebt sie mir. Ich werde sie hier irgendwo im Zimmer verstecken. Wenn Ihr wisst, wo das ist, was das Irrlicht suchen soll, dann könnte das zu... Komplikationen führen.
Regel Nummer drei: versucht niemals ein magisches Wesen zu betrügen. Das Irrlicht merkt, wenn Ihr es anlügt oder versucht es zu missbrauchen. Das ist der beste Weg daraus ein böses Wesen zu machen. Kreaturen welche mit Lichtmagie in Verbindung stehen versuchen immer rechtschaffen zu handeln, also solltet Ihr das auch tun."

So folgte er Vanessa in die Kajüte wo sie den Unterricht fortsetzen wollten. Die blonde Magierin hatte recht, hier war man tatsächlich ungestört und er konnte sich auf das konzentrieren was ihm beigebracht wurde.
Das Wesen wollte Charles natürlich nicht betrügen, weshalb er seiner Lehrmeisterin sogleich die Dokumente überreichte, damit diese sie verstecken konnte. Mit rechtschaffenden Handeln hatte der Lordkanzler natürlich keinerlei Probleme.

"Ein böses Wesen will ehrlich gesagt nicht erschaffen. Deshalb hab ich auch nicht vor es anzulügen.", meinte der Lordkanzler nachdem er ihr die Dokumente überreicht hatte. Er fragte sich, wie man einem magischen Wesen so etwas antun konnte.

Der Lordkanzler war schon gespannt wie es wohl weitergehen würde. Ein Irrlicht konnte er sich dank ihrer Vorstellung schonmal vorstellen, aber er würde ja noch die Formel brauchen damit das ganze funktionierte. Zumindest hoffte er, dass es funktionierte.

"Danke.", entgegnete Vanessa als ihr Charles die Dokumente gab und sie kurz darauf verspielt zu grinsen anfing: "Jetzt nicht gucken! Macht die Augen zu!"

Nachdem der Lordkanzler dann wie befohlen seine Augen schloss und wegblickte, tat Vanessa einige Schritte leise durch den Raum, während sie ihr gespieltes Lächeln völlig verlor. Als sie sich sicher war, das Norrington nicht hersah, öffnete sie kurz die Dokumente um hineinzusehen. Vielleicht standen ja Informationen zu den Plänen der Company darin oder Befehle der Königin. Zweifelsohne waren darin Dinge zu finden, die ihrem Auftraggeber von Nutzen sein konnten.

Während sie durch die Unterlagen blätterte, richtete sie nochmal mit netter Stimme das Wort an Charles, damit dieser auch ja nicht hinsah: "Und nicht Schummeln... das merke ich!"
Die Frage war jetzt nur, was das was die Lich hier jetzt fand, den Aufwand und die Gefahr entdeckt zu werden, auch Wert?

Charles drehtet sich um und hielt die Augen geschlossen während Vanessa die Dokumente versteckte. Als Vanessa die Lederne Mappe öffnete waren darin mehrere Briefe zu sehen, auf denen das Siegel des Lordkanzlers zu sehen war.

In den Dokumenten war niedergeschrieben, wohin die jeweiligen Flotten der Company unterwegs waren und was deren Ziel war. Ein Teil der Schiffe kontrollierte wohl die Passage nach und auch der Weg nach Elona schien ebenfalls überwacht zu werden. Ebenso stand in den Berichten, dass sich bald eine Flotte mit Soldaten wohl bald in Richtung Maguuma Dschungel aufmachte.

Auch war ein detaillierter Bericht dabei, in dem Stand das Midir bereits begonnen hatte durch seine Kreaturen einen Tunnel tief unter der Erde ausheben zu lassen welcher ebenfalls zum Dschungel führen sollte. Ebenso stand drinnen, dass er dort seine Zerstörer um sich gesammelt hatte. Auch stand drin, dass Joramund der Frostbringer nun bei voller Stärke war und seine Frostwindritter um sich scharrte, aber auch dass er auf weitere Befehle wartete. Über Aldrich jedoch fand sich nicht ein Wort in den Berichten.

Dann waren noch einige Empfehlungsschreiben drinnen von Ratsmitgliedern oder Mitgliedern der Company. In manchen Empfehlungsschreiben ging es lediglich um eine Beförderung in ein höheres Amt.

Und ein Schreiben von Charles war dabei in dem Stand, dass er Campbell darum bat den Notzustand in Kryta wieder aufzuheben. Er war sich zwar über dessen Notwendigkeit bewusst, dennoch würde dieser Zustand dem Volk sehr zusetzen und dies war keine Lösung von Dauer.


"Braucht ihr noch lange zum Verstecken?", fragte Charles etwas belustigt während er Vanessa den Rücken zugewandt hatte.

"Nein, Nein! Hab's gleich!", entgegnete Vanessa eilig, bevor sie die Mappe wieder schloss und diese eilig einfach hinter ein hölzernes Fass am anderen Ende des Raumes versteckte.
Danach ging die Lich zurück zu Charles und setzte sich diesem am zentralen Tisch gegenüber, bevor sie wieder ihr Lächeln auflegte und sagte: "Gut, Ihr könnt wieder hersehen."

Als Norrington daraufhin seine Augen öffnete, saß ihm die Blondine direkt gegenüber und schmunzelte ihm erwartungsvoll zu, bevor sie nun weiter zu erklären begann: "Jetzt da Eure Sachen versteckt sind können wir mit den eigentlichen Vorbereitungen beginnen. Da Ihr vorhin's schon mein Irrlicht gesehen habt, solltet Ihr schon einigermaßen Wissen, was Ihr heraufbeschwört womit Ihr die erste Bedingung schon erfüllt. Die zweite ist der Zauberspruch und den Verrate ich Euch jetzt: "Inveniam viam meam." Das ist Alt-Ascalonisch und bedeutet frei übersetzt so viel wie: 'Finde meinen Weg' - oder 'Suche den Pfad'. Man kann auch in anderen Sprachen diese Formel aussprechen, aber für gewöhnlich tun sich Novizen mit Alt-Ascalonisch am leichtesten, deshalb belassen wir's dabei.
Das vermeintlich schwierigste an diesem Zauber ist jedoch der dritte und letzte Punkt: Ihr müsst verstehen welchen Weg das Wesen zu Euch nimmt. Könnt Ihr Euch daran erinnern wie ich meine Hände vor den Mund faltete, als ich das Irrlicht beschwor? Das hat zwei Gründe. Erstens: Irrlichter erscheinen nur an Orten völliger Dunkelheit. Wenn wir unsere Hände falten dringt kein Licht mehr hinein, wodurch es dunkel wird. Klar, oder? Zweitens: Irrlicht sind schüchterne Wesen. Sie wollen von niemandem gesehen werden, wenn sie erscheinen. Klingt verrückt - ich weiß. Aber so sind sie nun mal. Deshalb empfiehlt es sich auch die Zauberformel so leise wie möglich zu sprechen, um das Irrlicht nicht zu verschrecken. Trotzdem müssen Eure Worte klar und vor allem deutlich sein. Verwuschelt keinen Falls die Silben, das könnte böse Konsequenzen haben. Am Ende beschwört Ihr doch noch einen Feuerdämonen."

Als Vanessa m Ende den Dämon erwähnte schluckte Charles kurz woraufhin die Lich lachen musste: "Das war ein Scherz! Ihr könnt gar keinen Dämonen beschwören.... dazu fehlt Euch sowohl die Macht, als auch die Erfahrung. Versucht es jetzt ein bisschen und übt. Wenn ihr glaubt soweit zu sein, helfe ich Euch den zauber zu wirken. Denn es gibt noch eine letzte Sache, die Euch verraten muss, damit es auch klappt."

Charles drehte sich wieder um und sah wie Vanessa ihm direkt gegenüber saß. Wie immer aufmerksam lauschte Charles der blonden Magierin als diese ihm erklärte, worauf er achten müsse und wie die Formel dafür lautete, um das Irrlicht zu beschwören. Der Scherz mit dem Dämon ließ kurzzeitig sein Herz aussetzen, doch war er ziemlich froh darüber das er wohl nicht in der Lage war, einen Feuerdämon zu beschwören.

Folgsam faltete Charles die Hände, dann schloss er die Augen um sich das Irrlicht mit ganzer Kraft vorzustellen und sprach schließlich leise: "Inveniam viam meam." Jedoch hatte Charles beim ersten Mal das Gefühl, die Formel nicht klar und deutlich auszusprechen und das seine Stimme noch immer viel zu laut war. So versuchte er es noch ein paar weitere Male, jedes Mal senkte oder hob er die Stimme ein wenig. Es war schwer zu sagen, was die richtige Lautstärke war um diesen Zauber zu wirken aber sein Bauchgefühl sagte ihm, dass alles bisher falsch war.

Erneut faltete er die Hände, schloss die Augen und sprach leise aber verständlich: "Inveniam viam meam." Diesmal hatte er ein gutes Gefühl, so öffnete er seine Augen und sah zu Vanessa: "Mein Gefühl sagt mir, dass es klappen dürfte."

Vanessa beobachtete Charles einige Minuten dabei, wie er sich dabei versuchte den Zauber zu üben, was der Meistermagierin ein ziemlich ehrliches Lächeln auf die Lippen zauberte. Egal wie brutal, hinterlistig oder auch unberechenbar die Lich sein konnte: wenn sie jemanden die Magie beibrachte, wirkte sie her wie eine Schmusekatze, als wie ein untotes Monster.

"Das hört sich doch schon ganz gut an...", munterte die Blondine ihr Gegenüber auf, bevor sie sich aus ihrer gemütlichen Sitzhaltung, aus welcher sie beobachtet hatte, nun wieder richtig aufrecht hinsetzte: "Also gut, Ihr habt jetzt fast alles damit Ihr zaubern könnt. Es fehlt nur noch eine einzige Sache: Ich muss Euch in den ersten der Sechs Kreise aufnehmen. Von den magischen Kreisen habt Ihr sicher schon gehört.
Jeder zauber den es gibt, wird von uns in eine dieser Sechs Kreise unterteilt und das Irrlicht gehört zum ersten. Die meisten Leute denken es gäbe eine Art Ritual. Irgendein Hockus Pockus bei dem wir den Novizen mit magischer Energie füttern damit er zaubern kann aber die Wahrheit ist weitaus weniger spannend. Eigentlich handelt es ich bei den Kreisen nur um Hilfestellungen, um es den neuen Magiern einfacher zu machen. Damit Ihr zaubern könnt und Ihr den ersten Kreis meistert, müsst Ihr lediglich verstehen, was Magie eigentlich ist. Ihr müsst Wissen, das sie überall ist. In jedem Stein, jedem Baum, jedem der Holzplanken aus denen dieses Schiff hier besteht - und natürlich wir beide, so wie alle anderen Leute die Ihr kennt. Der einzige Unterschied zwischen Euch und den Planken, oder mir und Euch ist, wie viel magische Energie in Euch schlummert. Es gibt Wesen mit mehr und Wesen mit weniger magischer Kraft. Wie viel Ihr von Eurer Macht nutzten könnt, hängt von Eurer Erfahrung ab. Es gibt Wesen die sind mächtig genug, ganze Berge, nur mit der Kraft ihrer Gedanken zu verschieben und wiederum welche, dies es nicht einmal schaffen eine Kerzenflamme zu entzünden.
Den meisten Magiern ist es möglich magische Quellen in ihrer Nähe zu spüren. Ohne Euch jetzt entmutigen zu wollen, aber bei Euch kann ich nur wenig magische Kraft bemerken. Trotzdem bin ich überzeugt, dass es ausreicht, um ein Irrlicht zu beschwören - sofern Ihr es denn wirklich wollt. Im Zweifelsfalle kann ich Euch einen Teil meiner magischen Kraft geben. Aber ich möchte das Ihr es zuvor allein versucht."

Danach verschränkte Vanessa ihre Hände auf dem Tisch und blickte zu Charles während sie ihre Lehrstunde beendete: "Das war's. Ihr kennt jetzt das 'Geheimnis' des ersten Kreises: Die Tatsache da alles um uns herum magisch ist. Ihr habt jetzt alles, was Ihr braucht um das Irrlicht zu zaubern. Jetzt hängt es von Euch ab."

"Verstanden.", nickte Charles langsam als die Lich ihm erklärte, worauf es beim Zaubern noch ankam. Die Tatsache, dass in ihm nur wenig magische Kraft schlummerte, entmutigte den Lordkanzler keineswegs aber es überraschte ihn natürlich auch nicht im geringsten.

Erneut faltete er die Hände und schloss die Augen um sich zu konzentrieren. Alles um ihn herum bestand also aus Magie? So versuchte Charles die Magie um sich herum zu erspüren, doch das war gar nicht so einfach und schien bereits die erste Hürde für den sonst so entschlossenen Mann zu sein. Er spürte rein gar nichts um sich herum, nichts von dem er auch nur einen Funken Magie hätte ableiten können. Dennoch stellte er sich das Irrlicht vor, dann sprach er leise aber deutlich die Formel, um das magische Wesen zu beschwören. Und während dieses Prozesses versuchte er zeitgleich die Magie um sich herum zu erfühlen. Doch nicht passierte, vermutlich war es normal das am Anfang nichts passierte.

Der Lordkanzler öffnete die Augen und blickte erneut in seine Handflächen und überlegte einen Moment was er tun könnte, doch etwas Hilfreiches fiel ihm dabei leider nicht ein. So beschloss er das ganze zu wiederholen. Doch auch nachdem er es mehrfach wiederholt hatte, war kein Zeichen von Erfolg bei ihm zu sehen.

Etwas seufzend lehnte er sich zurück und fuhr sich mit einer Hand über den Bart: "Ich spüre rein gar nichts um mich herum. Keine Magie, gar nichts."

"Weil Ihr noch nicht wisst, worauf Ihr achten müsst...", entgegnete Vanessa geduldig, nachdem sie Charles dabei beobachtet hatte, wie er es ein paar Mal versuchte hatte: "Das erste Mal bewusst zu zaubern, ohne das man es zuvor versehentlich getan hätte, ist wie wenn man einem Blinden versuchen würde Farben zu erklären. Es ist schlichtweg nicht möglich. Nicht ohne das Ihr sie gesehen habt. Oder... gehört... oder geschmeckt. Es gibt dutzende von Arten wie man Magie wahrnehmen kann. Die häufigste und stärkste sind dabei aber Gefühle.
Dabei spreche ich nicht von Eurer Wahrnehmung, sondern dem was in Eurem Kopf vorgeht. Habt Ihr Euch schon mal gefragt, was in Euch vorgeht, wenn Ihr wütend seid? Oder traurig? Fröhlich?
Die Magie ist enorm eng mit unseren Gefühlen, insbesondere für andere Lebewesen, verwoben. Euch in diese Gefühlslage zu bringen, wird Euch helfen zu verstehen. Und Ihr könnt Euch sicher denken, das positive Gefühle, beim Beschwören eines Lichtwesens deutlich besser sind, als negative."

Schließlich stoppte die Lich und blickte kurz nachdenklich zur Seite, bevor sie wieder den Lordkanzler ins Visier nahm und sagte: "Ich bin mir sicher, das Ihr solche Gefühle noch haben werdet, irgendwo ganz tief drinnen."

Schweigend hörte Charles ihr zu wie sie ihm versuchte klarzumachen, worauf er achten musste und was ihm helfen konnte die Magie, um sich herum wahrzunehmen. Lag es vielleicht wirklich an seinen Gefühlen? Wann hatte er denn das letzte Mal so etwas wie Frohsinn und Glück verspürt? Das musste aus seiner Sicht schon ziemlich lange her sein. Viel Gutes ist ihm in letzter Zeit ja auch nicht passiert, wenn er so darüber nachdachte. Gut es hätte ihn auch schlimmer treffen können, aber dennoch fiel ihm gerade nichts ein das ihm einen positiven Gedanken entlocken konnte. Eigentlich war er bisher nur darauf aus gewesen den Mörder seiner Familie ausfindig zu machen. Und da war wohl auch das Problem, Rache galt jetzt nicht wirklich als ein positives Gefühl.

Langsam nickend erwiderte der Lordkanzler schließlich: "Danke für diesen Tipp, ich werde mir Mühe geben ihn umzusetzen."

Dann schloss er die Augen, faltete seine Hände und konzentrierte sich erneut. Er musste an etwas positives Denken. Nur an was? Es dauerte aber auch nicht allzu lange, da fiel ihm jener Tag ein, an dem er seine verstorbene Liebe zu seiner Frau nahm. Wenn das nicht zu einem der glücklichsten Tage gehörte, wusste Charles auch nicht weiter. So versuchte er daran etwas Positives auszumachen und die Magie zu ertasten. Doch auch diesmal hatte er keinen Erfolg, nachdem er die Formel erneut aufgesagt hatte.

Doch bei diesem einen Versuch wollte Charles es nicht belassen und so versucht er es natürlich erneut, aber auch bei den darauffolgenden Versuchen war kein Erfolg zu sehen. Ob es wirklich daran lag, dass in ihm so wenig magische Kraft innelag?


"Ich habe wirklich versucht mich auf etwas Positives zu konzentrieren, aber geholfen hat es mir auch nicht.", erwiderte Charles und lehnte sich letztlich zurück.

"Hetzt Euch nicht. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen...", erklärte Vanessa weiterhin verständnisvoll: "... wenn Ihr es in ein paar Tagen noch nicht könnt, helfe ich Euch ein wenig auf die Sprünge. Bis dahin könnt Ihr ja Üben."

Sachte nickend lehnte sich Charles zurück. Mittlerweile war es früher Abend, er hatte den ganzen Nachmittag damit verbracht den Zauber zu üben, doch Fortschritte hatte er nicht gemacht. So kam der Kapitän in die Kajüte und ein Schiffsjunge servierte das Abendessen.

Gemeinsam aßen sie zu Abend, während es draußen immer dunkler wurde. Der Himmel war von schweren Wolken verhangen und die Wellen waren etwas größer geworden. Scheinbar waren sie in der Nähe eines Sturms.


"Und haben wir die 3 Schiffe bereits etwas eingeholt?", fragte Charles den Kapitän beiläufig während das Schiff ein wenig von den Wellen durchgeschüttelt wurde.


"Nein, noch nicht. Aber wir halten uns für den Fall der Fälle bereit. Ich vermute stark, dass sich auf dem Schiff unbewaffnete Leute befinden.", erklärte der Kapitän ruhig und belegte sich eine Brotscheibe mit geräucherten Lachs.

"Und was werdet ihr tun, wenn wir sie einholen sollten?", fragte Charles etwas vorsichtig nach.


"Meine Befehle sind unmissverständlich, sollte ich feststellen dass es sich um Sympathisanten des Mantels handelt, werden wir die Schiffe versenken.", erklärte Mr. Brown.


"Auch wenn Kinder an Bord sind?", fragte Norrington etwas ungläubig nach.


"Auch wenn Kinder an Bord sind. Befehle sind Befehle werter Lordkanzler. Ihr habt sicherlich auch einmal gedient und wisst wie das läuft.", erwiderte der Kapitän seufzend.


"Verstehe.", nickte Charles, dann stand er plötzlich auf und verließ mit eiligen Schritten die Kajüte.

Vanessa sah Charles noch nach, nachdem dieser seinen Meinungsaustausch mit dem Kapitän gehabt hatte. Die beiden waren zwar nicht ausfallend geworden, aber dem Abgang des Kanzlers nach zu Urteilen schienen die beiden so gar nicht auf einer Wellenlänge. Zu Norrington's Glück waren er und die Lich ausnahmsweise auf derselben Seite: denn auch die Nekromantin wollte nicht, das die Mantelschiffe versenkt wurden, wenn auch aus anderem Grund.
Vorsichtig zu Mr. Brown sehend begann die Blondine dann anzusprechen: "Soldaten und ihre Befehle... oh Verzeihung: Matrosen. Ihr seht nicht so aus als wolltet ihr Schiffe versenken, auf denen womöglich Kinder sein könnten. Wieso tut ihr es dann trotzdem?"

Der Kapitän stützte seine Ellenbogen auf dem Tisch ab, verschränkte die Finger ineinander und blickte nachdenklich drein, während er wohl nach eine Antwort auf Vanessas Frage suchte. Schließlich blickte er zur Lich und erhob seine Stimme: "Wenn ich den Befehl verweigere würde man mich erschießen lassen."

Der Kapitän nahm einen weiteren Schluck aus seinem Weinglas: "Und bei mir wird man sicherlich nicht aufhören. Ich möchte meine Crew nicht in unnötige Schwierigkeiten bringen. Außerdem ist Krieg stets grausam, egal wie man es dreht und wendet. Mit den Jahren habe ich mich an solche Befehle einfach gewöhnt und hinterfrage sie nicht mehr."

Schließlich blickte er zur Lich: "Ich war mir von Anfang an klar, was dieser Werdegang mich kosten würde. Oder denkt ihr ich wäre hier, wenn ich das nicht gewusst hätte."

"Wir sind auf dem Meer. Wer sollte je erfahren, was ihr hier getan habt, oder nicht?", hinterfragte die Lich, bevor sie noch einen anderen Vorschlag einbrachte: "...wäre es nicht viel Glorreicher Euren Vorgesetzten vom Zielort der Schiffe zu berichten? Wenn Ihr die Karren einfach versenkt, erfahrt Ihr nie wo Ihr Hafen ist. Ihr könnt so viele Schiffe entern und versenken wie Ihr wollt: solange der Hafen aktiv bleibt, bringt Euch das nicht weiter."

"Guter Einwand.", gab Mr. Brown schließlich zu bedenken und fügte hinzu:"Ich werde wohl Lord Campbell einen Brief schreiben der diesen Vorschlag übermitteln wird."

Vielleicht würde ja Lord Campbell einlenken, wenn er den Brief lesen würde.

"Nun ich bedanke mich für diesen Hinweis. In diesem Sinne ich werde mich wieder ans Steuer begeben.", verabschiedete sich der Kapitän mit einem wohlwollenden nicken.

Mit diesen Worten verließ Mr. Brown die Kajüte und begab sich schließlich wieder zum Steuer. Die Wellen wurden etwas Stürmischer und Regen setzte ein. Einige Blitze zuckten durch den Nachthimmel während der Regen gegen das Glas prasselte und hinunterlief. Die Wellen schaukelten das Schiff etwas kräftiger durch, während auf dem Deck eifriges Treiben herrschte.

Doch als der nächsten Morgen anbrach, war von dem Sturm kaum noch was übrig. Der Regen hatte nachgelassen und die Wolken waren fast alle verschwunden. Doch die Nacht hatte durchaus ihren Tribut verlangt, durch den Sturm waren 2 Männer über Bord gegangen und von der eisigen See verschlungen worden. So hielt die Besatzung für die zwei Seelen eine kurze Schweigeminute ab bevor es wieder an die Arbeit ging.

Auch Charles hatte an der kurzen Schweigeminute teilgenommen und war danach wieder in die Kajüte gegangen um den Zauber zu üben. So setzte er sich wieder an den Tisch, faltete die Hände, schloss die Augen und stellte sich das Irrlicht vor. Währenddessen versuchte er vergeblich die Magie, um sich herum zu ertasten, damit er von ihr gebrauch machen konnte. Dann sprach er leise aber verständlich wie die male zuvor auch die Beschwörungsformel doch nichts passierte.

Vanessa unterdessen saß etwas weiter weg und las in einem Buch, doch schien sie dabei trotzdem Charles im Auge zu behalten. Nach einiger Zeit des Versuchens schlug Charles mit der Faust auf den Tisch. Die Tatsache, dass es nicht funktionieren wollte schien den Lordkanzler zu frustrieren.

Sollte er etwa schon aufgeben? Nein Aufgeben war für ihn noch nie eine Option gewesen.

"Warum so frustriert?", fragte der Kapitän als er hereinkam.

"Ach es ist nichts.", brummte Charles eher beiläufig.


"Na wenn ihr meint.", seufzte der Kapitän und ließ das Frühstück servieren. Nachdem die drei dann ihre Mahlzeit eingenommen hatten, verschwand Mr. Brown auch sogleich wieder und Charles widmete sich wieder seiner Übung.

Nach einiger Zeit lehnte sich Charles völlig entnervt zurück und fuhr sich mit einer Hand genervt durch das Haar. "Da ist es ja noch leichter über ein Wäscheseil zu balancieren, das über einer klaffenden Schlucht gespannt ist...", fluchte Charles genervt.

Nach dem gestrigen Sturm sah sich Vanessa in ihrer Meinung bestätigt, das es sich bei Booten und Schiffen um schippernde Särge handelte. Die Blondine war froh, sich zur Zeit des Unwetters in der Kajüte des Kapitäns aufzuhalten, auch wenn sie dort genauso durchgeschüttelt wurde, wie der Rest der Besatzung. Im Notfall hätte sich die Magierin sicherlich in Sicherheit teleportieren können, aber ihre Mission wäre damit wohl beendet und gescheitert. Folglich erlitt die nun etwas Seekranke Lich deshalb den holprigen ritt durch die Gezeiten, bevor es am kommenden morgen endlich wieder ruhiger wurde. Ob und wie viele Matrosen in der Nacht gestorben oder über Bord gegangen waren, interessierte van der Cliff dabei genauso wenig, wie die Schweigeminute der verbliebenen Besatzung, bevor es zum Frühstück ging - Hauptsache das Schiff nahm wieder Kurs auf Campbell's Position.
Da die Reise zum Führer der Company aber wohl noch immer Tage in Anspruch nehmen würde, konnte sich die Lich auch noch mit anderen Dingen befassen, wie zum Beispiel ihren neuesten Lehrling. Oder besser gesagt: Lehrling auf Zeit.
Dieser schien nämlich nach wie vor keinen Erfolg mit dem Zaubern zu haben, auch wenn er es scheinbar übte. Als er schließlich sein entmutigendes Kommentar über das Seil und die Schlucht abgab, senkte Vanessa ihr Buch und blickte zu Charles, bevor sie aus der Ferne schließlich sachte zu sprechen begann.

"Na ja... in die Kluft könntet ihr Stürzen. Das einzige was Euch hierbei erwartete, wen Ihr Scheitert, ist eine Wetteinlösung.", erklärte die Blondine bevor sie sanft ergänzte: "Ich kann Euch immer noch helfen, wenn Ihr wollt. Ansonsten hilft nichts anderes als Üben. Glaubt mir, ich habe schon oft wochenlang Zaubern geübt. Das ist nichts Verwerfliches."