Die Skellige-Inseln

"Die Pferde holen, wir reiten nach Rigven. Ich ziehe es vor, wenn wir den Landweg nehmen solange Tyrgal seine Schiffe hier vor Ort hat. Man weiß ja nie was, dieser verlogene Hund alles plant...", erklärte der Jarl und machte zwei Pferde los welche im Stall angebunden waren.

Als ein Skelliger kam um sie aufzuhalten lächelte der Jarl: " Keine Sorge, ich bin bereit dir die beiden Pferde auszulösen." Dann nahm er seinen silbernen Halsreif ab und warf diesen dem Wirt zu. "Hier das ist mehr Wert als die beiden Pferde zusammen.", erklärte der Jarl und stieg auf eines der Pferde auf.

Der Mann musterte das Hacksilber und sah zum Jarl, dann nickte er grimmig und ging wieder. Als die beiden dann aus der Siedlung im Galopp herausritten erwiederte der Skelliger: "Du solltest die Namen dieser Siedlungen für dich behalten. Es hört sich an als würde es dort unmengen an Reichtum geben. Und die meisten Skelliger verdienen sich durch Raubzüge hier ihren Lebensunterhalt. Ich glaube mein Stamm ist einer der wenigen hier auf der Inselgruppe die Handel betreiben. Deswegen sind meine Männer auch besser im Kampf ausgerüstet und nur das hält Tyrgal davon ab in meine Gebiete einzufallen."

"Man merkt, dass ihr noch nie dort wart. Ich würde ja nur zu gern sehen, wie eure Leute versuchen diese... 'Siedlungen' zu überfallen.", erwiderte die Magierin dann während sie sich ein erneutes Grinsen, oder sogar lachen verkniff. Der Gedanke allein, dass diese Wilden vor den Mauern Götterfels mit ihren Äxten warfen, oder sich den kaiserlichen Regimentern stellten während diese ihre Gewehrsalven auf sie abfeuerten, traf bei der Blondine wohl einen Nerv.

Als die beiden dann davon Ritten legte der Jarl mit seinem Galopp ein rasches Tempo vor. Auch wenn er sich ruppig gab, so wie alle Skelliger, hatte er wohl Angst um seinen Bruder und wollte deshalb wohl schnell nach Rigven. Am Ende waren auch diese Barbaren wohl nur Menschen.
Auf dem Weg dachte Vanessa darüber nach ob Evander das für sie getan hatte. Eigentlich hatte sie ja beschlossen nicht weiter über ihn, seine Lügen oder gar sein Leben nachzudenken - doch es ließ sie wohl nicht ganz los. Wenn es nach Vanessa's Meinung ging, dann hätte er es wohl nicht getan.

"Wie weit ist es zu diesem ...Rigven?", rief sie dem Jarl dann zu als dieser gerade Vorausritt.

"Wir werden 3 Tage dorthin brauchen. Es liegt eher innerhalb dieser Insel.", erklärte der Jarl ruhig als er das Tempo erhöhte. Während sie auf dem schmalen weg zwischen hohen Felswänden dahin ritten, erstreckte sich über ihnen an den Felswänden hinauf zu den Gipfeln ein weiter Hain aus Fichten und Tannen, leichter Regen fiel auf sie herab und schwere tropfen die sich in den Kronen der Bäume sammelten fielen vereinzelt auf sie herab.

Auf ihrem Weg kamen ihnen nur vereinzelt Menschen entgegen meist mit Karren vor denen Rindvieh gespannt war und auf denen verschiedene Sachen lagen. Manchmal Waren zum Verkaufen, manchmal private Habseeligkeiten vermutlich weil diese ihren Hof aufgeben mussten. Der schmale Pfad führte weiter den Berghang hinauf und schließlich lichtete sich der Wald um sie herum. Zwischendurch kamen vereinzelt Sonnenstrahlen durch.

"Von hier aus, müssen wir Richtung Süden, das ist der schnellste Weg. Außerdem kommen wir so an ein paar Höfen vorbei die uns vielleicht Unterkunft für die Nacht gewähren.", erklärte Stygwald als er sein Pferd auf einer Kreuzung zum Stillstand brachte und dieses nervös mit der Hufe scharrte.

Auch wenn die beiden Reiter ein gutes Tempo hatten, kam Vanessa nicht umher den Charme der Inseln auf sich wirken zu lassen. Eigentlich war ja es gar nicht so anders als Zuhause, aber dieser Ort hatte etwas Raues und Geheimnisvolles. So merkwürdig es klingen mag aber es gefiel der Blondine hier. Wenn sie so recht darüber nachdachte, passte das vermutlich zu ihr.
Als der Jarl dann endlich mal stoppte und sich einen Moment Zeit nahm, positionierte sich die Lich mit ihrem Pferd neben ihm.

"Ich hätte nicht gedacht, dass ich das noch so gut kann. Ich bin das letzte mal geritten als ich ein kleines Mädchen war. Unser Vater hatte darauf bestanden - ich habe es gehasst...", säuselte Vanessa etwas zu sich selbst. Hatte die Magierin tatsächlich gerade etwas über sich erzählt? Das kam wirklich selten vor. Mit Blick zu Stygwald's Pferd setzte die Lich dann erneut an: "Wenn es noch ganze drei Tage dauert solltet ihr euer Tier schonen. Sonst bricht es morgen zusammen."

Langsam kam Stellan mehrere dutzend Meter weiter hinten denselben Waldweg entlang welchen Stygwald und Vanessa gerade noch entlang geritten waren. Er hielt sich im Laub der angrenzenden Büsche, um nicht gesehen zu werden. Neben ihm stand ein weiterer Krieger, mit Helm und Harnisch der ihn leise flüsternd fragte: "Wieso halten sie an...?"

"Sie reden...", antwortete der Blonde Skelliger und beobachtete wie die beiden Reiter sich unterhielten.

"Sollen wir zuschlagen?", fragte dann der Krieger erneut worauf sich Stellan zu grübeln begann bevor er antworte: "Noch nicht."

"Aber Tyrgal sagte wir sollten sofort angreifen wenn..."

"Tyrgal ist nicht hier! Noch habe ich hier das sagen, Verstanden? Jetzt hohl die anderen und die Pferde. Wir schlagen zu, wenn ich es sage."

Grimmig nickend gab der Krieger zu verstehen, dass er dem Befehl Folge leiste und verschwand wieder hinter der Böschung. Daraufhin beobachtete Stellan weiter das berittene Duo, welches sich nun wieder langsam in Bewegung setzte. Böse in seinen Bart lächelnd freute sich der Skelliger wohl darauf der Blondine den Kopf abzuschlagen. Als Lathgertha sie hat gewähren lassen war das Fass für den Krieger übergelaufen - die Zeit seiner Jarl war abgelaufen. Und wenn alles nach Plan verliefe würde er Tyrgal's neue Hand werden, wenn Lathgertha endlich weg wäre.
Schon viel zu lange verschmutze dieses Weibsstück das Langhaus seiner Heimat. Jetzt war endlich die Zeit zum Handeln gekommen.

Mit leicht angehobenen Augenbrauen hatte der Jarl die blonde Magierin angesehen. Gab es denn irgendetwas auf dieser Welt was sie nicht hasste? Das leben war viel zu kurz um ständig Groll und Abneigung zu hegen.

Der Jarl klopfte seinem Pferd sanft auf den Hals und nahm dann die Zügel fester in die Hand, in einer Sache hatte sie recht, er sollte das Pferd nicht so hetzen. "Reiten wir weiter.", beschloss Stygwald. Während sie weiter ritten schmunzelte er: "Aber dafür dass es so lange her ist, scheint es dass ihr reichlich Übung im reien besitzt."

"Wenn ich etwas tue, dann richtig.", quittierte Vanessa dann Stygwald's letzte aussage mit einem wohlwollendem aber auch etwas hochnäsigem Lächeln. Ihr war schon bewusst, das es ein Kompliment des Jarl's gewesen war und vermutlich war es die schrullige Art der Lich sich dafür zu bedanken. Ein echtes und einfaches 'Danke', würde ihr wohl nie über die Lippen gehen.
Die beiden Ritten dann noch einige Zeit weiter, jetzt in einem Tempo bei welchem man auch sprechen konnte, sich dabei versehentlich wegen des Galopps die Zunge zu verschlucken.

"Wie kommt es das der eine Bruder Bootsbauer wird und der andere Jarl?", fragte Vanessa dann nach einiger Zeit und sah erneut hinüber zu Stygwald: "Bei uns würde der Bruder eines Königs oder Herzogs die Vorzüge des Adels genießen und ganz sicher nicht mit den anderen im Schlamm spielen."

"Wir kommen beide aus einer sehr armen Familie. Ich bin das dritte und Floki das vierte von acht Kindern. Eines Tages kam mein Bruder nicht mehr Nachhause unser Spürhund hat ihn im Wald vergraben gefunden. Erwürgt mit dem Schatz unseres Jarls, mein Bruder war vieles aber kein Dieb das kann ich dir versichern. Ich habe den Jarl herausgefordert zu einem Zweikampf, ich wollte Rache weil er meinen Bruder getötet hatte. Und als ich meine Axt in seine Schulter gehackt habe, da hat er mir ins Gesicht gegrinst: Wenigstens war mein Bruder im Tod zu etwas nutze. Ich wurde zum neuen Jarl ernannt und mein Bruder zog weg. Er hat diesen Verlust nie überwunden, hat immer zu ihm aufgesehen. Als er ging, sagte er zu mir: Ich gehe fort, ich werde etwas mit meinen Händen schaffen damit die Götter ihm Einlass nach Heimhall gewähren.
Scheinbar wollte er mit diesem Handwerk die Götter beeindrucken und du musst zugeben, es ist schon sehr Beeindruckend dass seine Schiffe das Meer überqueren können.", erzählte der Jarl während die Landschaft an ihnen vorbeizog.

"Und was diese "Vorzüge" angeht. Natürlich könnte er in meiner Langhalle leben und ein besseres Leben als Huskarl führen. Aber wenn ich sterben sollte müsste auch er sein Leben beenden. Ein Huskarl lebt und stirbt mit seinem Jarl und wenn ich sterben sollte will ich nicht für den Tod meines Bruder verantwortlich sein.", erklärte Stygwald leicht seufzend.

"Ja, die Boote sind ganz in Ordnung... für einen 'Wilden'.", lachte Vanessa dann los. Sie machte sich einen Scherz daraus und hoffte das Stygwald diesen verstand. So sehr wie die Skelliger an Familie und Ehre hingen war kaum vorauszusagen wie sie auf so einen Witz reagierten - schließlich war der Humor der Lich nicht für jedermann.

"Es ist erstaunlich wie ihr an euren Leuten hängt. Ich wünschte mal mein Bruder hätte so viel für mich getan...", begann die Magierin dann erneut: "... zum Beispiel hätte er mich vor diesem furchtbaren Reitunterricht retten können. Obwohl.... Naja, vielleicht war es ja besser so. Sonst müsste ich jetzt wohl laufen."

Stygwald schenkte ihr ein leichtes lächeln was ihren Witz anging, aber mehr brachte er diesbezüglich nicht zustande. "Du scheinst nicht sehr viel von deinem Bruder zu halten, so wie du von ihm redest.", stellte der Skelliger fest.

Die Felswände um sie herum wurden mit der Zeit ein klein wenig niedriger, doch ritten sie wieder in einen Wald hinein. Die Landschaft der Skelliger war sehr von steinigen Landschaften und Nadelwäldern geprägt. An einem Hang sprang ein kleines Rudel von Wölfen über den Weg und verschwand im nächsten Busch, vermutlich waren sie gerade auf der Jagd. Als die Wölfe herausgesprangen kamen, hatte das Pferd von Stygwald etwas gescheut und war gegen einverständnis seines Reiters ein paar Schritte zurückgewichen. "Schhhh ganz ruhig.", klopfte der Jarl seinem Pferd beruhigend auf den Hals.

"Wenn wir nicht diese wichtige Aufgabe hätten, wäre ich jetzt lieber den Wölfen nach um ihnen beider Jagd zuzusehen.", seufzte der Jarl leicht wehmütig, den Wölfe gehörten zu seinen liebsten Tieren hier auf der Insel.

"Er ist ein Arschloch.", erklärte sich die Magierin ziemlich eindeutig bezüglich ihres Bruders, als die beiden weiter trotteten: "Das einzige, was ich ihm anrechne, ist das er es mal versucht hat. Zumindest glaube ich das - es war zumindest das, was er zu seiner Verteidigung zu sagen hatte.
Anschließend ist er dann doch wieder zu seiner Hure. Die war ihm wohl wichtiger als seine Schwester. Eigentlich kann ich es ihm aber kaum verdenken... er ist schließlich nicht mein leiblicher Bruder. Ich gebe also nicht sonderlich viel auf 'Familie'."

Das Thema schien bei Vanessa die Stimmung etwas zu kippen. Wieso zum Gruftguhl erzählte sie das dem Kerl überhaupt? Wahrscheinlich interessierte es den Jarl ohnehin nicht. Vielleicht musste sich auch eine Untote einfach manchmal den Frust von der Seele reden.
Auf die Wölfe reagierte auch das Pferd der Lich entsprechend, doch dauerte es bei ihr mehr als nur einen Moment bis sich das Reittier wieder beruhigt hatte. Man merkte deutlich, dass die Blondine keine Pferdeflüsterin war - zumindest war sie nicht runter Gefallen. Da nun auch das Wetter langsam seine Pracht verlor und der Himmel immer weiter zuzog während sich die späte Nachmittagssonne bald hinter dem Horizont verabschiedete wurde es wohl Zeit sich eine Unterkunft zu suchen.

"Ihr könnt euren Wölfen ein ander' mal zusehen. Ich würde mich freuen, wenn wir vor Ankunft des Sturms und der Nacht ein Dach über dem Kopf haben. Ist euer besagtes Gehöft noch weit?"

Was der Jarl von Vanessa über ihre Familie hörte, bestürzte ihn doch ein wenig. Familie war immerhin für Skelliger eine der wichtigsten Grundlagen. "Tut mir leid zu hören.", erwiederte Stygwald aufrichtig.

"Das nächste Gehöft ist vielleicht noch 4 Wegmeilen von hier entfernt.", antwortete der Skelliger mit einem prüfenden Blick zum Himmel, es war wohl wirklich besser wenn sie bald ein Dach über dem Kopf auftreiben würden.

"Weißt du, er muss nicht einmal mit dir verwandt sein damit du ihn dein Bruder nennen kannst. Oftmals kann eine Freundschaft ein stärkeres Band erschaffen als dass einer Familie.", erklärte der Stygwald nachdem er einen kleinen Moment geschwiegen hatte, da er nicht wusste ob es klug war weiter das Thema anzusprechen.

"Hast du ihn je einmal gefragt warum er so gehandelt hat? Grimmdall hat einmal zu Thorn gesagt. Wenn du herrschen willst, ist weitsicht von nöten. Sieh dir die Welt immer aus den anderen Blickwinkeln an. Sieh die Welt aus den Augen der anderen und wenn du ihre Sichtweise verstanden hast bist du es würdig mein Nachfolger zu werden.", sprach Stygwald, dies war eine seiner liebsten Geschichten über die Götter, jedoch fügte er schnell hinzu: "Aber ich möchte dich jetzt nicht mit Lehren der Götter langweilen, ich denke das hat mein Bruder schon getan." Dann fing er an leicht zu lachen.

"Das hat er tatsächlich.", erwiderte Vanessa knapp auf Stygwald's Vermutung und beendete damit das Thema. Seine Worte über Familie musste sich die Lich wohl erstmal durch den Kopf gehen lassen, bevor sie das ganze vertiefte. Eigentlich wollte sie das Thema ja abschließen, nachdem ihr letzter Versuch ihre Angehörigen zu finden in einem Blutbad geendet war. Am Ende ließ einen so etwas wohl niemals los. Nicht so lange man noch ein Herz hatte.
Den restlichen Weg überließ die Magierin dann wieder dem Skelliger die Führung. Vermutlich war das auch besser so, wenn sie Unterschlupf finden wollten. Der Griesgrämigen Lich hätte wohl keiner Obdach angeboten.

Nach einer guten Stunde hatten die beiden einen kleinen Hof erreicht. Das Haus war klein und besaß ein einfaches Strohdach und einen kleinen Schornstein. Die Wände bestanden aus Steinbrocken die mit Lehm und einer Zementartigen Masse zusammengehalten wurde. In unregelmäßigen Abständen hatte man quadratische Öffnungen drinnen gelassen die wohl sowas wie Fenster darstellen sollten. Diese Fenster besaßen jedoch weder Glas noch Fensterläden. Um das Haus war ein einfacher Holzzaun aus kleineren Holzpalisaden errichtet worden. Am Hang befand sich ein Weizenfeld das kurz vor der Ernte stand. Neben dem Haus befanden sich zwei kleinere Holzhütten vermutlich Ställe den aus diesen konnte man Kühe, Schafe und auch Schweine hören. Ein paar Hühner liefen durch die Gegend und pickten im Boden herum.

Nachdem Stygwald vom Pferd abgestiegen war, stampfte er durch den Schlamm zur Tür und Klopfte kräftig dagegen. "Macht die Tür auf, wir bitten um Unterkunft für die Nacht.", rief der Jarl.

"Wer bist du?", rief ein Mann raus.

"Ich bin Jarl Stygwald und bin mit Begleitung auf der Durchreise!", sprach der Jarl laut.

Die Türe ging auf und der Mann ging sofort auf die Knie. "Es ist uns eine Ehre euch heute Nacht bewirten zu dürfen."
Stygwald wirkte auf diese Reaktion etwas verlegen und half dem Mann auf die Beine. "Wir danken euch, dass ihr uns hier aufnehmt.", lächelte der Jarl und winkte Vanessa her.

Der Bauer rief seinen Sohn zu sich und wies ihn an sich um die Pferde der Gäste zu kümmern.
Danach ließ er die beiden Gäste eintreten und stellte ihnen Höcker an die Feuerstelle. "Setzt euch, Setzt euch.", meinte der Bauer und gab den beiden Leinentücher um sich abzutrocknen.
Eine jüngere Frau stand an einer weiteren Feuerstelle, Sie wirkte gut durchtrainiert und stark aber hatte ebenso ein Bildhübsches Gesicht und zurückgebundene braune Haare. Nachdem sie die Gäste bemerkte verneigte sie sich kurz vor dem Jarl und brachte dann den beiden jeweil einen Becher mit einem dampfenden Flüssigkeit. Es war Met der erhitzt wurde um die Kälte im Körper zu vertreiben.

"Ich danke euch.", lächelte der Jarl und nahm seinen Tonbecher entgegen. "Du siehst mir nicht aus, wie ein Weib das nur am Feuer steht und kocht.", bemerkte Stygwald und nahm einen schluck vom Becher.

"Nein ich bin eine Schildmaid.", erklärte die Frau und legte ihre Hände in den Schoß und fügte an. "Wie ich vorhin schon an der Tür hörte, sucht ihr nach einer Unterkunft?", fragte die Frau ohne umschweife weiter.

"In der Tat.", nickte der braunhaarige Skelliger.

"Nun wir haben leider keine Betten...", begann die Schildmaid und wirkte das erstemal etwas verlegen aber dann wurde sie von Stygwald unterbrochen.

"Kein Problem, gebt uns einfach ein paar Felle und wir richten uns das Nachtlager selbst.", erklärte der Jarl als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt, dass man auf dem Boden schlief.

"Wie ihr wünscht.", nickte die Schildmaid und machte sich sogleich auf den Weg um die Felle herzurichten für die Gäste.

"Wirklich freundliche Skelliger.", merkte Stygwald an und nahm einen Schluck aus seinem Becher.

Die Bauernhäuser der Skelliger unterscheiden sich kaum von denen aus Kryta. Die ärmsten waren vermutlich überall gleich. Zumindest über ausreichen Tiere verfügte die Familie hier, damit würde sie in manchen Teilen des Kaiserreichs wohl schon als wohlhabend gelten. Den Ansprüchen der Magierin gelangte das aber natürlich nicht einmal im Ansatz. Sie hatte allerdings mit so etwas gerechnet und sich damit bereits abgefunden. Nur mit einem nicken grüßte sie die Bewohner des Hauses und zog es sonst vor Stygwald das reden zu überlassen.
Mit dem Met in der Hand setzte sich die Lich dann in eine Ecke, nahe des Feuers wo es einigermaßen trocken und hell war, um ihre Ruhe zu haben. Mit dem Rücken an der Wand lehnend und einen ihrer Arme auf dem angewinkelten Knie ablegend zückte die Frau dann wie immer ihr Zauberbuch, um zu lesen. Sie wollte wohl beschäftigt aussehen, damit sie keiner anquatschte. Das sollte sich bei der kleinen Hütte aber wohl als schwierig herausstellen.

Stygwald setzte sich Vanessa gegenüber und nippte erneut an seinem Becher, der Met verscheuchte die unangenehme Kälte im Körper und natürlich war dem Jarl dieses seltsame Buch aufgefallen. "Was ist das für ein Ding?", fragte der Jarl neugierig und zeigte auf das Buch welches Vanessa in den Händen hielt.

Noch nie in seinem Leben hatte der Jarl soetwas gesehen. Bücher gab es auf Skellige nicht, da die meisten weder lesen noch schreiben konnten. Es waren hauptsächlich die Druiden die alles mit Runen auf Laub niederschrieben, in Baumstämme oder Steinen niedermeiselten und somit alles festhielten.

"Ist das euer ernst...?", fragte Vanessa deutlich überrascht während sie die Lektüre senkte um den Jarl ansehen zu können: "Das ist ein Buch. Darin schreibt man Dinge nieder, die man nicht vergessen will. Mit Schriftzeichen? Buchstaben?"

Auf diese Antwort erntete die Lich nur ein hilfloses Schulterzucken beim Jarl worauf die Magierin seufzte. Sie stellte den Met beiseite um mit ihrer jetzt magisch glühenden Fingerspitze etwas ins Buch zu zeichnen. Als sie fertig drehte sie das Büchlein damit Stygwald die Seiten sehen konnte. Darauf waren die Runen des Druiden Rimgarl zu sehen, welche Vanessa wenige Tage zuvor abgezeichnet hatte.

"Das meine ich: Runen. So heißen eure Schriftzeichen. 'Unsere' ....naja, sehen anders aus. Seht ihr?": erklärte die Lich dann ganz ruhig und einfach, fast so als würde sie einen neuen Zauberlehrling haben, als sie dem SKelliger die nächste Seite zeigte worauf andere Notizen der Lich zu sehen waren: "Das ist mein persönliches "Liedi'jen Obliviscatur", ein "Buch des Vergessens". Alles was ich hier reinschreibe formt sich auf den Seiten neu. Ein kleiner Zaubertrick, wisst ihr?"

Erneut strich die Magierin über eine der Seiten während sie weiterhin das Buch präsentierte und die Zeichen und Runen auf den Papier formten sich erneut um, damit sie einen anderen Text ergaben. Das fast schon für Vanessa's Verhätlnis nette lächeln was sie dabei hatte zeigte, dass sie in ihrem Element war. Wenn die Blondine etwas begeisterte, dann war es Magie und alle seine Facetten. Auch, wenn Stygwald nichts davon verstehen sollte bereitete es Vanessa immer große Freude ihr wissen zu teilen.

Höchst Fasziniert sah und hörte Stygwald Vanessa zu. Sie erklärte ihm was ein Buch war und vorallem was es mit ihrem persönlichen Buch auf sich hatte. Noch nie hatte der Jarl soetwas in seinem Leben gesehen. "Bei Sigrids Flamme soetwas habe ich noch nie gesehen.", sprach er begeistert und sah zu wie die Zeichen auf dem Buch sich neu formierten. Sie war tatsächlich eine richtige Magierin ihre Magie arbeitete ganz anderst als die der Druiden.

"Und...und wie hast du das gemacht? Also mit deinem Zauber? Was musstest du dafür machen?", fragte Stygwald begeistert auch wenn er selbst nur sehr wenig von dem Thema verstand, freute es ihn dass Vanessa für ihre Verhältnisse so viel freude daran hatte ihm dies alles zu zeigen.

"Magie steckt in uns allen. In jedem Lebewesen - das wird dir euer Druide sicherlich auch schon erzählt haben. Manche haben genug davon um solche Dinge zu tun.", begann die Lich dann zu erklären: "Wer mächtig genug ist und genügend übt wird eines Tages zum Magier - so wie ich. Dein Bruder nannte mich eine Dämonin, als er mich damit hat kämpfen sehen. Das war fast schon süß."

Das Buch beiseite legend schenkte Vanessa dem Jarl nun ihre volle Aufmerksamkeit. Offensichtlich hatte das Gespräch mit ihm jetzt doch einen größeren Reiz als ihre Notizen.

"Es wundert mich wirklich das es so wenige Magier bei euch auf Skellige gibt. Auf dem Festland ist im Durchschnitt mindestens jeder zehnte dazu fähig. Naja.... zumindest vor der 'Krise'. Ich frage mich, ob es einen Grund dafür gibt.", grübelte die Blondine dann los bevor sie sich nach vorne beugte und Stygwald näher ansah: "... hatte die Seelensammlung überhaupt Einfluss auf euch? Habt ihr die Krise mitbekommen?"

Stygwald überlegte kurz bevor er antwortete: "Nun ein paar unserer Druiden sind aufeinmal ziemlich seltsam geworden. Sie waren aufeinmal sehr Aggressiv. Man hat sie alle weggesperrt damit kein großer Schaden entstehen konnte. Erst als sie sich wieder beruhigt hatten, wurden sie wieder normal. Aber diese sogenannte Seelensammlung haben wir vermutlich nicht wirklich mitbekommen."

Der Jarl leerte seinen Becher und stellte diesen weg. "Was hatte es mit dieser Seelensammlung eigentlich auf sich?", fragte Stygwald neugierig und sah die Blonde Magierin fragend an.

"Seid froh, das euch nichts passiert ist...", entgegnete Vanessa vorsichtig, als ihr die Erinnerungen von damals langsam wieder kamen. Wenigstens kannte der Jarl nicht ihre ganz persönliche Rolle, während dieser Ereignisse - das machte es wohl erträglicher. Und er brauchte es auch nicht zu wissen, wenn es nach Meinung der Lich ging.

"Damals hatten.... 'fremde Mächte' versucht sich ganz Tyria einzuverleiben indem sie die Seelen der Lebenden stehlen. ALLER Lebenden, wohlgemerkt. Das ganze ging mit vielen Aufständen und Tumulten einher - zumindest bei uns. Heute spricht man nur noch von den Magierkriegen. Vermutlich auch deshalb die Ablehnung gegen meine 'Art'.", erläuterte die Magierin dann weiter, als sie das Interesse des Skelliger's hatte. Als sich Vanessa so in der Zeit zurückversetzte, kam ihr in den Sinn das es vielleicht Stygwald sein könnte, der ihr bei einer Sache weiterhelfen könnte.

"... du kommst viel auf den Inseln herum, ja?", fragte die Blondine dann schließlich: "Ist dir zu der Zeit als eure Druiden den Verstand verloren eine ungewöhnliche Frau untergekommen? So wie ich? Sie muss rotes Haar gehabt haben und.... war vermutlich blind - oder schien es zu sein."

Still lauschte der Jarl Vanessas Erzählung über die Magierkriege und es musste wohl eine schlimme Zeit gewesen sein für Sie und ihr Volk. "Aber deshalb darf man doch keine Abneigung gegenüber Dir oder deinesgleichen haben. Wenn ich mir deine Erzählung so anhöre, habe ich eher das Gefühl das diese fremden Mächte daran schuld waren.", befand der Skelliger schließlich als er seine Meinung dazu kund tat.

Die Beschreibung der Frau kam ihm bekannt vor und er nickte: "Ja, ich habe diese Frau gesehen. Die meisten Skelliger haben sie gemieden. Sie wirkte ziemlich fremd und fehl auf dieser Insel. Lathgertha hatte mir wegen dieser Sache einen Boten geschickt, ich sollte ein wachsames Auge auf sie haben. Aber mir ist nichts ungewöhnliches an ihr Aufgefallen. Was war mit dieser Frau?"

"Sie ist.... ich meine, sie war, die Verantwortliche hinter der Seelensammlung. Darum geht es mir aber gar nicht. Hast du sie persönlich getroffen? Hatte sie eine große, zweihändige Klinge dabei die irgendwie.. 'Merkwürdig' aussah? So als würde man in den Sternenhimmel blicken!?", fragte Vanessa dann, beinahe ein wenig euphorisch. Sie hatte die Klaue zwar bereits in Lathgertha's Waffenkammer gesehen, aber dies schienen nur die Bruchstücke der Klinge zu sein. Wie die Waffe zerstört wurde oder wie es seine magische Aura verloren hatte war noch immer unklar.
Und es war wohl klar, dass die Lich an weniger am Schwert als an seinen magischen Eigenschaften interessiert war.

Stygwald versuchte sich an die Zeit von damals zu erinnern als die Fremde auf die Insel gekommen war. "Ja, da war etwas. Sie hatte ein großes Schwert dabei, es war unmöglich es mit einer Hand zu führen. Sie überließ es Lathgertha, warum genau weiß ich nicht mehr.", erinnerte sich Stygwald.

"Das ist schon alles sehr lange her, an mehr kann ich mich nicht mehr erinnern.", beteuerte der Jarl der Magierin aufrichtig und fügte an. "Diese Waffe scheint etwas besonderes für dich zu sein. Welchen Wert hat sie für dich?", fragte Stygwald nach.

Nachdem was der Skelliger erzählte musste die Waffe also noch intakt gewesen sein, als sie die Jarl erhalten hatte. Das stellte die Lich vor nur noch mehr fragen. Sie hatte fest damit gerechnet das die Entseelte die Klaue zerstört haben musste. Nur jemand wie sie hatte überhaupt die Macht so etwas zu tun, geschweige denn vom Wissen. Es fehlte immer noch ein wichtiges Tel des Puzzles, aber wie es schien konnte ihr Stygwald dabei kaum weiterhelfen.
Vanessa überlegte kurz ob sie dem Skelliger verraten sollte, was es mit der Waffe auf sich hatte, das seine befreundete Jarl die Waffe eines Gottes in ihrer Halle hängen hatte. Aber die Blondine entschied sich, das lieber für sich zu behalten - am Ende würden diese Barbaren die Waffe nicht mehr aushändigen.

"Die Habseligkeiten dieser rothaarigen Frau gelten heute als Artefakte. Streng genommen sind sie wertlos aber... Leute wie ich, also Magier, sammeln sie ganz gerne. Der alten Zeit wegen. Das ist alles."